2024 – Watzmannüberschreitung – Montag


Montag, 29.07.2024

Montag, Tag der Überschreitung. Nach einer quasi schlaflosen Nacht bin ich früh, kurz nach 5 Uhr, auf den Beinen und mache die ersten Fotos. Danach gibt es um 6 Uhr Frühstück und um 6:30h stehe ich erwartungsvoll vor den Hütte und blicke meinem nächsten Ziel, dem Hocheck, ins Gesicht.

Im Tal liegt noch eine Wolkendecke, doch hier oben ist es sonnig. Die Temperatur könnte für den nachfolgenden Aufstieg nicht besser sein. Zumindest für die nächsten Minuten.

Der Aufstieg zum Hocheck ist problemlos machbar, allerdings wird es zunehmend windiger und kühler. Nach 2 Stunden ist das Hocheck erreicht. Meine Finger sind total durchgefroren und der Doppelklick zur Aktivierung der Kamera des Smartphones fällt mir sehr schwer. Demnach lege ich am Hocheck nicht nur mein Klettersteigset an, sondern ziehe auch eine leichte Weste und meine Regenjacke drüber. Das fühlt sich besser an.

Direkt nach dem Hocheck beginnt die Überschreitung mit den ersten Seilversicherungen. Das Klettersteigset benötige ich hier, sowie im weiteren Verlauf nicht. Dennoch bin ich der Meinung, dass es besser ist, wenn man es anhat. Es hätte ja auch sein können, dass man einer unbequemen Stelle im Stau gestanden hätte oder sich aus einem anderen Grund hätte festmachen wollen. Aber natürlich muss dies jeder für sich alleine entscheiden.

Der Weg zur Mittelspitze stellt keine allzu großen Ansprüche, insofern man schwindelfrei ist und klettern kann.

Ab der Mittelspitze wird es etwas anspruchsvoller, bleibt aber im Wohlfühlbereich. Die meisten schwierigeren Stellen sind seilversichert. Allerdings ist das Seil in der Regel nicht stramm gespannt, sondern eher „französisch“ lässig (durchhängend) montiert. Das kann im ersten Moment irritierend sein. Schnell findet man heraus, dass es keine gute Idee ist, sich im gleichen Abschnitt wie eine andere Person zu befinden.

Nach zu kurzen 2 Stunden ist die Überschreitung auch schon zu Ende. Leider, denn bis zur Südspitze ist die Überschreitung ein Genuss. Doch auch hier gilt, dass man im Leben nichts geschenkt bekommt und so wartet bereits der Abstieg.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass einem im Abstieg nichts geschenkt wird und der Weg immer neue Herausforderungen bereithält, bis endlich das Schild „Wimbachgrieshütte 30min“ auftaucht. Eine gute Kondition ist daher zwingend erforderlich. Wer an der Südspitze am Ende seiner Kräfte ist, hat sicherlich ein Problem.

Der Abstieg beginnt mit Kletterei und unterscheidet sich daher zunächst nicht von dem, was man bereits seit 2 Stunden gemacht hat. Bald ist jedoch der Punkt erreicht, ab dem klar ist, dass es mit dem Klettern zu Ende ist und ab hier wieder Stöcke sinnvoll eingesetzt werden können. Der Weg ist steil und sieht aus, wie schlecht gefegt. Dass heißt, er ist hart und festgetreten und mit einer Auflage von feinem Splitt versehen. Dadurch ähnelt er einer „vorzüglichen“ Rutschbahn, prima geeignet, um sich auf die Nase zu legen. Mein erster Gedanke ist: „Wenn das so weiter geht, komme ich heute nicht mehr an“. Recht bald habe ich mich aber ein wenig an die Bedingungen gewöhnt und auch der Weg verändert sich und wird etwas einfacher. Ab und an ist das Geröll so tief und so perfekt geformt, dass man prima „abfahren“ kann. Also rein mit der Hacke ins Geröll, ein paar Zentimeter rutschen und dann der nächste Schritt.

Immer wieder denke ich, so, jetzt hast du das Schlimmste geschafft. Der Rest wird easy. Weit gefehlt. Wie bereits erwähnt kommen immer wieder herausfordernde Stellen, die Konzentration und Kraft erfordern.

Vorbei ist es erst auf einer Höhe von ca. 1570m, also nach 1140 Abstiegsmetern, an besagten Wegweiser zur Wimbachgrieshütte.

Ab dort befindet man sich wieder auf einem perfekten Wanderweg ohne Schwierigkeiten und mit einem angenehmen Gefälle.

Die Wimbachgrieshütte erreiche ich gegen 14h, also nach insgesamt 7,5 Stunden. Dort genehmige ich mir ein sehr leckeres Stück Apfelstreusel mit Sahne und ein Mass Radler. An wirklich heißen Tagen sollte man wohl eher 2-3 Liter Wasser mitführen. Ich habe bis hierhin 1l getrunken und hätte mehr trinken sollen. Verpflegungstechnisch war ich konsequenter und habe bis hierhin in regelmäßigen Abständen 3 Energieriegel gegessen. Ein vierter Riegel wäre vielleicht noch besser gewesen. So ist er im Rucksack geblieben.

Ich gönne mir eine ausgiebige Pause von 40 Minuten, bevor ich die letzten Kilometer zum Parkplatz in Angriff nehme.

Eigentlich sah der Plan vor, am Wimbachschloss eine weitere Trinkpause einzulegen. Doch trotz Rücksprache mit einer Kellnerin werde ich an den Liegestühlen nicht bedient und so ziehe ich nach 15 Minuten, ohne Kaltgetränk, und leicht verärgert weiter.

Nach einer schnellen Bionade am „Wollstadel“, kurz vor dem Parkplatz, erreiche ich diesen um 16:30h.

Ich freue mich sehr über diese gelungene Tour und darüber, dass alles, wie geplant und vielleicht sogar noch etwas besser, funktioniert hat.

Ich würde die Tour jederzeit wieder machen, dann aber gerne mit Blick auf den Königsee.

© Heike und Thomas Raddatz