2006 – Silvretta/Verwall – 07 Freitag

 


Freitag 8.9.2006

Wie laut Hüttenbucheintrag bereits gestern von Andreas vorhergesagt, beginnen wir um 8:30h mit dem Abstieg von der „Heilbronner Hütte“. Anfangs geht es auf Asphalt steil bergab. Ohne Einlaufzeit wird der Bewegungsapparat direkt gut gefordert. Es kommt hinzu, dass die Sicht nur 25-30m beträgt. Mehr lässt der dichte Nebel nicht zu. Schnell sind die Brillengläser mit Wassertropfen übersäht und die Sicht noch stärker eingeschränkt. Schon bald lässt das Gefälle nach und es geht moderat, nun auf Schotter, hinunter. Ein entgegenkommendes Fahrzeug erkennen wir rechtzeitig am Geräusch. Das war auch gut so, denn das Licht hatte der Fahrer hinterhältigerweise nicht eingeschaltet.

Gegen 9:15 sind wir ca. 250 Höhenmeter unterhalb der „Heilbronner Hütte“ und stehen am Abzweiger zur „Gibaualpe“. Es geht weiter auf einer Schotterpiste – nur diesmal wieder bergan. Schnell erreicht die Körpertemperatur trotz „Wasserkühlung“ die beim Aufstieg gewohnten Werte. Nach zahlreichen Serpentinen erreichen wir eine kleine Hirtenhütte, rechts der Straße. Die Hütte markiert den höchsten Punkt der Straße, die wir nun gegen einen Wanderweg zur Linken eintauschen.

Der Weg verläuft leicht ansteigend durch Heidefelder. Später geht es steiler und auf schuttigem Untergrung zum „Jöchli“ hinauf, welches wir um 10:20h erreichen.

Auf besseres Wetter wartend, lungern wir ungefähr 30 Minuten auf dem „Jöchli“ herum und bestaunen das Spiel der Wolken und Nebelschwaden. Schließlich entscheiden wir uns auf den 60m höher gelegenen Gipfel der „Versalspitze“ zu steigen. Wie bereits tags zuvor auf dem „Vertinesbleiskopf“ werden wir von einer Kette tibetanischer Gebetsfahnen empfangen. Auch hier lassen wir uns reichlich Zeit, bevor wir zum „Jöchli“ zurückkehren. Eigentlich kann man nicht von einem Auf- und Abstieg zur „Versalspitze“ sprechen. „Spaziergang“ wäre die treffendere Bezeichnung.

Um 11:35h geben wir die Hoffnung auf besseres Wetter endgültig auf und steigen sanft abfallend hinab. Ziemlich genau mittags erreichen wir das verlassene „Versalhaus“, welches uns einige Rätsel aufgibt. Warum ist das verfallene und verlassene Haus mit Halteseilen abgespannt und trägt ein wie neu aussehendes Dach? Da wir diese Fragen nicht klären können, brechen wir alsbald auf und folgen dem Wegweise „Tafamunt 1 Std.“ mit dem Zusatz „Alpiner Steig. Alpine Erfahrung, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich“. Was damit gemeint ist, offenbart sich uns erst einige Zeit später, nachdem wir durch ein im Nebel gespenstisch wirkendes Labyrinth aus Latschen und Lawinenverbauungen, einen Gebirgsbach erreicht haben.

Der Weg wird richtig steil und rutschig. Unsere ganze Aufmerksamkeit ist hier gefordert. Ausgesetzte Stellen gibt es hier aber nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass meinen Kindern der Weg gut gefallen würde. Ich selbst bin froh, dass ich den Weg nicht mit vollem Gepäck im Aufstieg nehmen muss, wenngleich die Eindrücke im Sonnenlicht ungleich besser sein müssten. Nur ansatzweise lässt sich im Nebel das teils schroffe und steil abfallende Gelände erkennen.

Um 13:15h erreichen wir die Bergstation der Tafamunt-Bahn und freuen uns auf die Talfahrt mit der Seilbahn. Doch schnell verfliegt die Freude, nachdem uns der Kabinenfahrer erklärt hat, dass Personenverkehr nur von der rund 170 Höhenmeter tiefer gelegenen Mittelstation aus erlaubt ist. Unsere Kniegelenke und Beinmuskulatur brechen obgleich dieser Aussage nicht gerade in Jubelschreie aus. Doch ein überraschend guter Automaten-Cappuccino wirk besänftigend auf uns ein und gut 15 Minuten später gehört auch diese Teilstrecke der Vergangenheit an.

Die Wartezeit bis zum Eintreffen der Gondel vertreiben wir uns mit Radler, Apfelschorle und leckerer Buttermilch.

Mit der Talfahrt nach Partenen endet eine sehr schöne Wanderwoche. Von der körperlichen Leistung her betrachtet war es wahrscheinlich die bisher anspruchvollste Woche. Unser besonderer Dank gilt dem Wetter. Nach dem verregneten August hat es uns größtenteils mit strahlendem Sonnenschein verwöhnt.

© Heike und Thomas Raddatz